21.10.06

Die Putzfrau und der Topmanager - oder die neue Armut in Deutschland

Posted in Deutschland , in Deutsch at 12:38 by foppel

Da schau ich gestern die Tagesschau (Podcast rockt) und sehe dort eine Debatte im Bundestag über die sogenannte neue Armut und Schichtengesellschaft in Deutschland. Und da hör ich den Herrn Gisi sagen (im Übertragenen Sinne): “Dann setzen Sie doch mal eine Putzfrau und an einen Topmanager an einen Tisch und sehen Sie ob sich beide der selben Schicht angehörig fühlen”

Da sag ich: recht hat der Mann! Der Topmanager könnte wahrscheinlich sogar noch etwas über das echte Leben von der Frau für sich lernen…!


Aber im ernst.

Warum sollten sich beide nicht der selben Schicht angehörig fühlen? Die Sache mit den Schichten haben wir doch so vor 60 Jahren abgeschafft.. dachte ich.

Ich denke da liegt das Problem: Wir haben es Verfassungsrechtlich abgeschafft, aber nicht in unseren Köpfen. Den wir bekommen es ja jeden Tag neu gepredigt von den Medien, und nun auch wieder von unseren Politikern, dass wir eben einer Schicht angehören oder uns zumindest gefälligst einer angehörig fühlen sollten.

Das fängt an mit der Tageszeitung ‘Bild’ (andere sind aber nicht viel besser), welche in täglicher Manier schimpft, was ‘Die da oben’ nicht oder falsch für uns tun. ‘Die da oben’… allein der Aufbau dieses Satzteils distanziert den Leser von allem was ihm helfen könnte seine Lage zu verbessern.

Der Rest der Medien ist auch nicht besser. Entweder wir werden in ’schöner Mensch’ oder ‘nicht schön genug’ kategorisiert. Oder in ‘Faulenzer’, ‘Arbeiter’ und ‘erfolgreicher Mensch’.

Findest du, lieber Leser, den letzten Satz falsch? Ja? Dann schau dich um in unserer Medienwelt, mit offenen Augen bitte, und sag mir ob du dann immer noch dieser Meinung ist.

Denn das ist was heutzutage passiert. Nicht nur das wir Menschen in schöner Regelmaessigkeit in Schubladen stecken, was schon schlimm genug ist, nein wir versehen diese Schubladen mit Wertigkeiten, die oftmals genau das Gegenteil aussagen von dem was die Schublade implizieren sollte.

Wir glorifizieren alles wo es ein Mensch einfach hat. Alle schönen und jene die sich nicht mit manueller Arbeit abgeben müssen sind die ‘erfolgreichen’ und ‘besseren’.

Ich frage: Warum? Was ist so falsch daran sein Brot für sich und seine Familie mit ehrlicher Arbeit zu verdienen? Auf dem Bau z.b.? oder als Hausmeister? oder am Fließband… Dies sind doch die Heldinnen und Helden die unser Land und Gesellschaft am Leben halten, und mit Ihren hart erwirtschaftetem Geld versuchen unsere Wirtschaft am laufen zu halten.

Ich hab gelesen das Deutschland nie so viele Millionäre hatte wie heute. Na und? Wo ist den das Problem dabei… Wer mehr Geld hat, gibt auch mehr aus. Nur sollten wir diese Menschen nicht glorifizieren und als das ultimative darstellen. Nur ist dies was die zuvor zitierten Medien tun.

Aber warum tun das die lieben Heils und Unterhaltungsbringer, unser geliebtes Fernsehen und Zeitungen?

Weil sie natürlich ein finanzielles Interesse daran haben. Die Bild z.b., mit ihrem simplen ‘die da oben’ (und allen Formen und Facetten dieses Satzes). Dieses Satzkonstrukt trennt den Leser nicht nur von ‘denen da oben ab’, sondern er schließt ihn in eine andere Gruppe mit ein: ‘uns da unten’. Und das Bindeglied dieser zumindest exklusiven Gruppe ist das Medium, welches immerhin etwa 1,20 Euro kostet…

Dies gilt natürlich auch für die anderen Medien, wie das Fernsehen (staatlich wie privat) welches Werbeeinnahmen bekommt für jeden Blick der Massen in die Heile Welt der Schönen und Reichen. Haben diese Medien ein Interesse daran das jemand ‘aufsteigt’ in diese Welt? Ich würde mal sagen nein, den dann würde ja keiner mehr da hineinschauen wollen.

Das Problem mit unserer Gesellschaft ist nicht das wir den Drang haben sie in Klassen, Kasten oder Schichten einteilen zu wollen.

Das Problem ist das wir ein falsches Wertesystem haben: Wir verteufeln manuelle Arbeit. Dies geht sogar soweit das jene die nicht arbeiten - sei es weil sie Reich sind oder Faul sind - ein Podium in unseren Medien gegeben wird auf welchem sie sich sogar noch über die Dummheit der ehrlich arbeitenden lustig machen können. Versteht mich nicht falsch, das Problem ist nicht das jemand sich lustig macht, wir leben Gottseidank in einer Gesellschaft in welcher man seine Meinung frei aeusern darf, sondern die Art und Fasson in welcher das Podium bereitgestellt wird.

Aber in einem gebe ich den Damen und Herren Politikern recht. Dies ist ein Problem der Bildung. Aber meiner Meinung nach ist dies nicht ein Problem der Schulbildung, wie man nach Pisa gleich annimmt, sondern ein Problem der Bildung der Sozialen Intelligenz, und dieses Defizit geht durch die Bank und ‘Gesellschaftsschichten’ hindurch. (ich denke Michael M. wird mir jetzt applaudieren ;) )

Es gibt aber noch einen weiteren Bildungsmangel. Dieser gründet sich in den Glauben das die Politik, die Wirtschaft oder wer auch immer dafür Verantwortlich sind das sich die persönliche Situation ändert. Frei nach dem alten Motto ‘jeder ist sich selbst seines Glückes Schmied’ müssen die Menschen in Deutschland endlich kapieren das es niemand für sie richten wird. Das niemand von oben kommen wird und ihre Probleme löst. Die einzige Person die deine Probleme lösen kann sind sie selbst!

Und hier sehe ich den grössten Bildungsmangel, und auch ein willentliches Verfehlen des Bildungsauftrages unserer Medien: Es wird suggeriert das man seine Situation nicht ändern kann, und durch die Gleichschaltung von Meinung und (Un)Rechtsempfinden die diversierte Meinungsbildung abtrainiert - eben die sagenumwobene Soziale Intelligenz, oder zumindest die Grundlage hierfür.

Ich glaube ich kann dies so Behaupten, gerade weil ich ausgestiegen bin und alles ein wenig als Beobachter sehen kann. Und auch weil ich sozusagen vor der Haustür echte Armut sehen kann. Und damit meine ich nicht nur die Armut der Menschen die um für ihre 10 köpfige Familie eine Schale Reis mit Sojasoße am Tag geben zu können diesen besagten Tag arbeiten müssen, und dabei oft weltoffener, freundlicher und (sozial) Intelligenter sind als viele andere, sondern auch die Armut jener die sich an den anderen Bereichern und sich danach hinter Mauern und Stacheldraht verstecken müssen. Oder die geistige Armut vieler westlicher Touristen, denen nichts besseres einfällt als den ganzen Tag im Rotlichtviertel zu verbringen und dort morgens schon Bier saufen, anstatt Land und Leute kennenzulernen.

Nun mag der geneigte Leser sagen das dies nicht vergleichbar ist, und zu einem gewissen Grad hat er recht. Den die Korruption und Ausbeuterei wie auch die Armut finden hier im kleinen offen statt. Was ich immer noch besser finde als die Korruption und Ausbeuterei im großen Stil der in Deutschland hinter verschlossener Tür gepflegt wird.

Was ist nun das Fazit? Das Fazit ist das jeder endlich aufwachen muss und erkennen muss das man sein Glück selbst in die Hand nehmen kann und muss, das niemand von ‘oben’ es einem richten wird. Und dann ist es auch nicht mehr wichtig zu welcher Schicht man mehr gehört, den man hat sich über Schubladendenken und Schichtengerangel erhoben.

Wer bis hierher gelesen hat, dem möchte ich danken :) Ich musste das einfach mal loswerden :)

3 Comments »

  1. Volgrrrr said,

    October 23, 2006 at 16:51

    Tja .. die Frau Sueßmuth war mal in ner Kneipe eines Bakannten .. die sind dann ins Gespräch gekoommen und natürlich auch das Thema “Gehälter” hat sich da mal herausgebildet…. er hat Sie gefragt, was Sie denn denke, was eine Krankenschwester so ca. verdiene .. die Antwort war “3000€”/Monat .. na hurraaa .. =( Solche Politiker brauchen wir ..

  2. Volgrrrr said,

    October 23, 2006 at 16:54

    Ach ja … BILD kostet .. ohh wunter immernoch “nur” 0.5€

    Volg

  3. foppel said,

    October 23, 2006 at 17:22

    whops, sorry, dachte das ding kostet mehr… aber fuers wegwerfen immer noch zu schade..

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